Besprechung: Ur-Laub-Wald / Der Bund
Pressetext: Ur-Laub-Wald
Geballte Ladung Sehnsucht
Delfine auf Postkarten, Landkarten in einem Koffer, Sand und Muscheln in Holzschachteln – der Kunstraum Cabane B in Bümpliz widmet sich in seiner Sommerausstellung dem Thema Urlaub.
Ein bisschen wähnt sich die Besucherin gleich beim Eintreten in den Ferien. Zwei Liegestühle laden ein zum Entspannen, ein buntes aufblasbares Becken zum Plantschen, und von irgendwo her klingen wundersame Urwaldgeräusche. Künstlerin Flurina Hack Kessler hat aus dem kleinen Raum der Cabane B beim Bümplizer Nordbahnhof eine wahre Wohlfühloase gemacht. «Ich will den Sehnsüchten und Träumen, die mit Ferien zusammenhängen, auf die Spur kommen», sagt Hack Kessler.
Aus der Ferne - und von daheim
Für die Ausstellung Ur-Laub-Wald hat die 41-Jährige in den letzten zwei Wochen Objekte rund ums Thema Urlaub zusammengestellt, gespendet von Quartierbewohnern und Passantinnen. Ferienerinnerungen aller Art von Kitsch und Ramsch bis zu kostbareren Souvenirs finden sich darunter, und aus aller Herren Ländern stammen sie: ein russischer Samowar, Muscheln aus dem Pazifik, Wal-Knochen von norwegischen Stränden, Teetassen aus Japan. Doch die Orte spielen keine Rolle, genauso gut lassen sich Ferien daheim machen, wie die Künstlerin betont. So ist das Bassin gefüllt mit Tannzapfen, die ein Mann aus Herrenschwanden aus seinem Garten brachte - denn da macht er am liebsten Ferien.
Aus den vielen Objekten habe sie - getreu dem Motto der Ausstellung - einen regelrechten Urwald entstehen lassen wollen, sagt Hack Kessler. Äste an der Decke und auf dem Boden betonen dies.
Heimweh und Sehnsüchte
Die Gegenstände lassen immer neue, oft überraschende Geschichten entstehen. Die Stachelschweinstacheln in einer Schachtel am Boden etwa: Gesammelt wurden sie in Sizilien, doch eine Besucherin fühlte sich von ihnen an die Heimat in Sierra Leone erinnert; dort dienen solche gemusterten, langen Stacheln als Haarschmuck.
In der Sehnsucht nach Ferien steckt für Hack Kessler auch die Sehnsucht nach Zweisamkeit. Ein alter Mann habe ihr erzählt, dass er Ferien nicht gern habe. Schliesslich müsse er sie jeweils allein verbringen.
Neue Geschichten
Was sie mit all den Objekten macht, wenn die Ausstellung fertig ist, weiss Hack Kessler noch nicht genau. Vielleicht organisiere sie einen Flohmarkt, sagt sie, denn: «Die Idee ist schon, dass die Gegenstände weiterleben.»
Für ihre eigene Dokumentation hat die Künstlerin jedes der Ferienmitbringsel einzeln fotografiert - mit einem leichten Gelbstich, um dessen nostalgischen Charakter hervorzuheben. So erzählten auch die Fotos ihre Geschichten, sagt sie.
(von Patricia Götti, Der Bund 17.7.2009)