Besprechung: Vom Fliegen, Flattern und Fallen / Der Bund
Künstlerin Flurina Hack
Vom Fliegen, Flattern und Fallen
In einer raumgreifenden Installation entführt die Berner Künstlerin Flurina Hack in das Reich der Vögel – und malt die Tiere auch mal im Käfig oder auf dem Teller.
Helen Lagger
Publiziert: 08.03.2024, 20:09
Kreative Brutstätte: Das kleine Kunsthaus 9a am Stauffacherplatz im Breitenrain-Quartier wird zurzeit von Vögeln heimgesucht. Die Künstlerin Flurina Hack hat rund um das Thema eine Installation geschaffen. In der Vitrine des historischen Häuschens stehen drei Objekte: ein kleines Vogelhaus, ein «Wurm-Buffet» und ein Geäst im Gipskleid mit dem Titel «Flügel».
Flurina Hack hat sich in der Ausstellung «Von hier nach da» in Form von Zeichnungen und Objektkunst mit dem Thema Vögel und den daraus resultierenden Analogien zum Menschen auseinandergesetzt. Die Serie von Vögeln, die Hack mit Ölfarbe auf Japanpapier gebannt hat, zeigt die Tiere mal fliegend, mal im Käfig, auf dem Teller als Mahlzeit oder tot.
«Ich beobachte Vögel gern und amüsiere mich zurzeit mit einer App, die Vogelstimmen erkennen und bestimmen kann», so die Künstlerin. «Vögel erinnern uns an unsere eigene Verletzlichkeit.» So berühre es die meisten Menschen, wenn sie einen toten Vogel am Boden liegen sähen.
Weggehen und zurückkehren
In einer Reportage des Magazins «Geo» hat Hack einen Bericht über Zugvögel gelesen, die bei ihrer Ankunft im Süden abgefangen und als Delikatesse verkauft werden. «Migration ist sowohl bei Vögeln wie beim Menschen mit zahlreichen Gefahren verbunden.» Im Vogelflug stecke vieles drin: Weggehen, Zurückkehren, Sehnsucht, so Hack.
Mit Öl auf Japanpapier zu malen sei eigentlich ein No-go, erklärt sie. Durch das verwendete Verdünnungsmittel bekommen ihre Vögel auslaufende Konturen, wirken in der Tat sehr fragil. «Ich mag Materialexperimente», so Hack. Auch ihre Objekte konstruiert sie eigenwillig, mehrheitlich aus Alltäglichem. Das Vogelhäuschen etwa setzt sich aus ungebranntem Ton, Karton, Holz und einem blauen Hartschaum zusammen. Als Sockel dient ein Erdbeerkistli.
Hack kombiniert, was eigentlich nicht zusammengehört. Für das Wurm-Buffet, das an Vermicelles denken lässt, hat sie Ton durch den Fleischwolf gedreht und auf einem romantischen Tellerchen mit Blumenmotiv angerichtet. Mit ungebranntem Ton zu arbeiten habe den Vorteil, diesen wieder einwässern und daraus etwas Neues entstehen lassen zu können. Von der Idee, ein Werk für die Ewigkeit zu schaffen, habe sie sich gelöst, so Hack. «Muss man alles brennen, glasieren und aufbewahren? Ich glaube nicht.»
Bäume von der Baustelle
Hack lebt in Bümpliz und hat ihr Atelier in den Vidmarhallen, wo sie einen Fundus an Material hortet. «Neulich bin ich an einer Baustelle vorbeigegangen und habe Metallrohre, die entsorgt worden waren, entdeckt.» Daraus sind in der Fantasie der Künstlerin Bäume entstanden. Gar eine ganze Baumschule will sie im November im Hof vom Schloss Schwarzenburg aufbauen.
«Mein Interesse für Pflanzen und Tiere war schon immer gross. Naturliebe, so wie ich sie verstehe, schliesst Menschenfreundlichkeit mit ein.» Auch im Kunstraum Gepard 14 im Liebefeld ist bereits ein Projekt geplant. Das Werk wird vor Ort entstehen.
Der verzögerte Einstieg
Hack ist 1968 in Bern geboren und im Gäbelbach-Quartier aufgewachsen. Ihr bereits verstorbener Vater war Drucker, ihre Mutter Krankenschwester. «Ich habe schon als Kind viel gezeichnet und hatte eine Lehrerin, die mich förderte.»
Gemeinsam wollten sie ein Dossier einreichen, womit Hack sich an der Kunsthochschule bewerben wollte. «Meine Eltern waren skeptisch, sie meinten, das sei kein richtiger Beruf.» Hack schlug schliesslich eine Laufbahn als Pflegefachfrau ein, wurde Mutter zweier Söhne und machte nebenbei Kunst. «Es wurde irgendwann zu viel.» Seit 2009 setzt Hack ganz auf die Kunst.
In Bümpliz ist sie gut vernetzt. So kuratierte sie in Zusammenarbeit mit dem Quartier und der Hochschule der Künste Bern Ausstellungen in der Cabane B, einem Kunstraum in der Nähe des Bahnhofs Bümpliz-Nord. «Bin ich eine Spätzünderin? Wahrscheinlich, der verzögerte Einstieg spielt für mich inzwischen aber keine Rolle mehr.» Lieber schaue sie vorwärts und konzentriere sich auf ihre nächsten Projekte, so die Künstlerin.
In der Berner Galerie da Mihi gehört sie zum festen Kern von Ausstellenden. Die Gemeinde Köniz hat Werke von Hack angekauft und ihre Arbeit mit Förderbeiträgen unterstützt. In Bümpliz gefalle es ihr gut. Es gebe nicht nur Betonblöcke, sondern auch viel Grün und Vögel. «Neulich habe ich sogar einen Specht entdeckt.»
Ausstellung «Von hier nach da», 9a am Stauffacherplatz – das kleine Kunsthaus, Bern. Bis 30.3.